Nacho, unser neuer Mann im Haus

Körperklaus, Tollpatsch, Clown, Kuscheltier und Charmeur. Das alles vereint in einem ca. einjährigen braunen Dobermann Rüden, aus Spanien.

Mein Wunsch, der Zweithund

Bounty war ca. 3 Jahre alt, als ich das erste mal über einen zweiten Hund nachdachte. Sie ist super erzogen, aus dem gröbsten raus und einen zweiten Hund der ihr vielleicht etwas mehr Sicherheit im Umgang mit anderen Hunden gibt und mit dem sie Spielen kann wäre schon etwas tolles. Dachte ich, 24 Jahre alt, single (muss mich um alles alleine kümmern) und berufstätig. Der zweite Gedanke war dann; ach werd nicht albern du hast so doch auch genug zu tun. Alles wird teurer, mehr arbeit und du bist noch angebundener. Welche Rasse soll es sein? Ein Hound perfekt geeignet für den Sport oder doch wieder ein Dobermann? Die Zucht des Dobermanns wollte ich eigentlich nicht unterstützen. Einen Dobermann aus dem Tierschutz und sich etwas so ungewisses antun? Einen Welpen oder etwas älteren Hund? So viele Fragen sowie ungeklärte Tatsachen und so wenig Antworten.

Es wäre natürlich toll, aber aktuell nicht umsetzbar.

Mein geheimer Wunsch war es natürlich trotzdem und ich verwarf den Gedanken des Zweithundes nie ganz.

Der erste Schritt

Ich wurde in den letzten Monaten in Facebook, unzählige male bei Vermittlungsanzeigen von verschiedensten Hunden aus dem Tierschutz, von Privat oder Züchtern markiert. Alle waren sie süß und erweckten wieder den Wunsch des Zweithundes bei mir, doch keiner davon fesselte mich und nach wenigen Sekunden siegte immer wieder meine Vernunft und all die negativen Aspekte kamen mir wieder in den Sinn. Somit verflog jeder Hund wieder schnell aus meinem Kopf.

Am Donnerstag, den 18. Oktober 2018 wurde ich dann vormittags von gleich zwei Freunden unter dem Beitrag der „Münchner-Hunde“ Facebook Gruppe markiert. Ich habe mir den Beitrag durchgelesen, die Bilder dazu angesehen und bekam wieder dieses Gefühl… Jetzt bloß nicht verlieben! So ein zweiter Hund wäre schon was tolles, aber bleib vernünftig! Die Bilder erinnerten mich wahnsinnig an Bounty und ich habe mir die Anzeige mehrmals durchgelesen sowie die Bilder durchblättert und geträumt. Ich musste mich zusammen reißen, das ich weiter blätterte. 

Der Tag ging weiter und ich bekam diesen Hund nicht mehr aus dem Kopf… Ich musste ständig an ihn denken und ging Gedanklich mal wieder alles durch. Zwei Hunde, doppelt so viele Kosten, mehr arbeit und einiges an Aufwand bis der Hund erzogen und sich eingelebt hat, einen Hund kann ich leichter mal Freunden oder der Familie geben, ob das bei zwei Hunden auch geht? Mit meiner Wohnung wäre es kein Problem, aber meine Familie wäre im ersten Moment größtenteils wahrscheinlich nicht wirklich begeistert. Mit der Arbeit müsste ich es noch abklären, aber ob da zwei große Hunde erlaubt wären, daran zweifelte ich. Ich dachte darüber nach ob ich mir selbst einen zweiten, so großen Hund zutrauen würde und das alles waren schon so viele Gedanken mehr, als ich bisher bei jedem anderen Hund hatte. Inzwischen war es Abend geworden, ich lag im Bett und erwischte mich, wie ich wieder nach der Anzeige suchte. Dann dachte ich mir, ich könnte ja einfach mal nachfragen und etwas mehr über den hübschen Rüden herausfinden. Fragen kostet ja nichts, und evtl. komme ich ja garnicht in Frage, oder die Pflegestelle sagt mir etwas, das mich meinen Traum wieder verwerfen lässt. Aufgeregt wie ein kleines Kind änderte ich 10x den Text und überlegte hin und her was ich schreiben sollte um sie direkt in der ersten Nachricht von uns zu überzeugen.

So bekam Chrissie, seine Pflegestelle eine kleine Bewerbung von Bounty und mir und wir tauschten uns aus. Doch ich fand nichts, das ihn unpassend für Bounty und mich machen würde und ich war laut der Pflegestelle auch geeignet für ihn. Die nächsten Tage hatte ich viel Kontakt mit ihr, wir schrieben und telefonierten, ich erzählte von Bounty und mir und sie erzählte mir Dinge über Nacho, der damals noch Remus hieß.

Er wurde in Spanien von Tierfängern eingefangen und verbrachte dann ein paar Tage in der Tötungsstation dort, bis er von seiner aktuellen Pflegestelle mit nach München gebracht wurde.

Am kommenden Montag klärte ich dann die einzige Sache ab, die ich nicht selbst Entscheiden konnte. Ich fragte in der Arbeit nach, ob denn theoretisch ein zweiter Hund erlaubt wäre. Und wider meiner Erwartungen stimmten sie zu!

Plötzlich rückte der Zweithund in immer näher!

Das Kennenlernen

Am Freitag den 26.10. eine Woche später, hatten wir dann ein treffen ausgemacht. Für mich war der entscheidende Faktor definitiv Bounty. Fremde Hunde mochte Sie normal nicht sonderlich, wollte von denen in Ruhe gelassen werden und ging ihnen aus dem Weg. Sie ist ein kleiner Schisser und hatte schnell Angst vor anderen Hunden. Wenn wir diese ein paar mal getroffen hatten, siegte jedoch meist die Freundschaft und manchmal fing sie dann auch zum spielen an, aber diese Ehre hatten eher wenige Hunde. Da Nachos Pflegestelle ihn als ruhig im Umgang mit anderen Hunden beschrieben hatte, war ich positiv gestimmt.
Wenn das Kennenlernen gut verläuft, war mein Plan eigentlich, Nacho am kommenden Montag dann zu mir zu nehmen. Damit ich am Wochenende nochmal genau über diese Entscheidung nachdenken konnte. Es stand jedoch auch das Angebot, dass ich Nacho direkt am Freitag zu mir nehmen dürfte.

Nun war es also soweit, den ganzen Donnerstag und Freitag saß ich wie auf Kohlen und am Nachmittag trafen wir uns. Der erste Kontakt war wie vermutet, Nacho und die Hündin der Pflegestelle liefen auf Bounty zu und sie ging erstmal in Verteidigungshaltung. Die beiden ließen aber sofort wieder von Bounty ab, als sie merkten, dass sie sich unwohl fühlte. Dann wurde ich von ihm kurz betrachtet, jedoch nicht für sonderlich interessant empfunden und wir starteten unseren Spaziergang.

Nacho sah größer aus, als ich es gedacht hätte und man merkte wie unbeholfen er sich bewegt. Die ersten paar Minuten beachteten sich Bounty und Nacho kaum, jeder lief seiner Wege und ab und an beschnupperten sie sich kurz. Als wir nach ca. 15 min auf einer Wiese ankamen, traute ich dann meinen Augen kaum, Bounty fing an mit Nacho zu spielen. Die beiden spielten fangen und ich stand da, hatte tränen in den Augen und konnte mein Glück kaum fassen. Meine kleine Zicke verstand sich so gut mit ihm, als würde sie ihn schon lange kennen! 

Somit hatte Bounty meine Entscheidung getroffen. Nacho sollte es werden, unser neues Familienmitglied, Sportspartner und Wegbegleiter.

Er durfte somit sofort bei uns einziehen, Bounty hatte mich überzeugt und das war definitiv die richtige Entscheidung.

Nachos Vergangeheit

Wie schon erwähnt wurde Nacho in Spanien, Mallorca von Tierfängern eingefangen und in das ansässige Tierheim/Tötungsstation gebracht. Somit wissen wir nichts von seiner Vergangenheit. Einige Vermutungen ergeben sich jedoch aus seinem Verhalten und seinem Gesundheitszustand.

Vermutlich wurde er nicht misshandelt, das ist schon mal das wichtigste, wenn dann „nur“ vernachlässigt. Er kennt wohl Frauen, Kinder, Männer und mag Menschen soweit ganz gerne, er geht auf alle positiv zu. Vorausgesetzt man will ihn nicht “knuddeln”. Er kennt auch den Umgang mit Menschen (mehr oder weniger), Kommandos kannte er jedoch keine und er kannte es nicht, sich mit dem Menschen zu beschäftigen und zu arbeiten. Ich kann mir vorstellen, dass er als Welpe im Haus gelebt hat und als er größer wurde in den Zwinger kam. Oft zeigt er Verhalten, das bei Welpe meist geduldet wird und sehr süß ist. Z.B. klettert er gerne auf den Schoß von Menschen oder kaut an einem herum. Er hatte mit Sicherheit kaum Auslauf und hat vermutlich in einem Zwinger oder ähnlichem, auf hartem Boden und engem Raum gelebt. Er war kaum bemuskelt und hatte „Plattfüße“ die inzwischen jedoch immer besser werden. Außerdem hatte er extreme Liegestellen an den Ellenbogen, Sprunggelenken, etc. Diese pflege ich regelmäßig mit Salben und sie werden dadurch besser, zwar sehr langsam, aber es wird. Ebenso zeigt er immer wieder bestimmte Verhaltensmuster ausgelöst durch Langeweile oder Stress. Z.B. schleckt er aus Langeweile wahnsinnig gern an sich herum und wenn er Stress hat, jagt er seinen Schwanz oder beißt sich selbst in Schwanz oder Füße. Er kannte es auch nicht überall angefasst zu werden. Sowas wie eine Pfote mal festhalten, stillhalten, Verletzungen ansehen, etc. findet er recht doof und duldet er bisher nur bei mir, das war sichtlich fremd für ihn. Inzwischen merkt man jedoch, dass er es kennt wenn ich ihn untersuche etc. und geht gelassener damit um. Seine Schwanzspitze scheint er auch mal irgendwo eingeklemmt und gebrochen zu haben, da die Spitze verkrüppelt ist. Mit fremden Hunden klappt es auch nur so semi gut. Bei Konfrontationen geht er nach dem Motto vor „Wenn ich dir direkt mal zeige, dass ich stärker bin, bin ich auf der sicheren Seite.“ und buttert dann gerne erstmal alle anderen runter. Vermutlich eine Mischung aus Unsicherheit und pubertierenden Rüden. 

Nun ja, jetzt habe ich ihn: den Zweithund!

Ich bereue die Entscheidung kein bisschen! Mit Nacho habe ich einen jungen, großen Rüden in der Mitte seiner Pubertät bekommen, das war mir klar und damit kann ich arbeiten. Wir haben noch einen (hoffentlich) langen Weg vor uns, aber darauf freue ich mich sehr! Ich liebe es mit den Hunden zu arbeiten, die Erfolge und Misserfolge zu sehen und zusammen zu wachsen. Ein spannender Weg den wir beide zusammen gehen werden.